
Mit viel Herzblut Chamäleon gespielt – das «Festival i de Marktgass» feiert seinen 10. Geburtstag
Cyrielle Formaz vom Waadtländer Duo Meimuna verzaubert die Zuhörer mit Stimme und Gitarre.
Rötlich leuchten die Lichter zwischen den Bäumen und verleihen dem Platz an der Reuss in Bremgarten eine gemütliche Atmosphäre. Hinter der Bühne ragt stolz das berühmte Panorama der Altstadt empor. Die Kulisse für das diesjährige Festival i de Marktgass, kurz FidM, hätte wohl besser nicht sein können. Mit Bier oder Blutorangen-Limonade in der Hand sitzen die Gäste auf dem noch warmen Asphalt und lachen über die Witze von Satiriker Renato Kaiser. In der Dämmerung stehen sie auf und tanzen ausgelassen zur Musik der Zürcher Folk-Pop-Band Black Sea Dahu.
Obwohl das ursprünglich geplante Festival zum 10-jährigen Bestehen in der Altstadt wegen des Coronavirus ausfallen musste, ist die kleine Alternative am Wochenende für viele der 250 Gäste perfekt. «Es ist schön, dass es in dieser Zeit etwas gibt, was von der Situation ablenkt», sagt Besucher Sebastian Nesseler. Er und seine Freunde geniessen sichtlich die Konzerte und die Stimmung unter dem freien Himmel.
Das Schutzkonzept überzeugt
Dass sie aufgrund der verstärkten Schutzmassnahmen länger anstehen müssen, scheint die Besucher nicht zu stören. Im Gegenteil: Enya Merkli und Fabienne Scheffler sind sogar froh, dass alles so gut geregelt ist. «Wir hatten zuerst ein paar Bedenken, herzukommen», erzählt Merkli. «Wir hatten Angst, dass wir hier eng zusammengepfercht stehen würden.» Doch das Schutzkonzept überzeugt sie. «Es hat genug Platz und ist nicht anders, als wenn man in Zürich etwas essen geht.»
Dass sie bei den Besuchern auf so viel Verständnis stossen, ist auch für die Organisatoren eine Erleichterung. «Es gab kein böses Wort und keine einzige Reklamation», so Nico Schulthess. Nachdem das eigentliche Festival ins Wasser gefallen war, plante das neunköpfige Organisationsteam ein kleines FidM mit 300 Gästen. Stattfinden sollte es auf offenem Gelände am Reussufer, zwischen dem Casino und der Eisenbahnbrücke. «Doch drei Tage nachdem wir in den Vorverkauf gestartet waren, änderten sich die Massnahmen erneut», erzählt Schulthess. Kurzfristig mussten die Tickets um 50 reduziert und das Gelände in drei Sektoren mit jeweils eigener Bar und eigenen Toiletten aufgeteilt werden.
Gelernt, Chamäleon zu spielen
41 freiwillige Helferinnen und Helfer haben das OK unterstütz und mitgeholfen, damit das Festival auch an seinem 10. Geburtstag stattfinden kann. «Das sind mehr Leute, als wenn wir das Fest in der Marktgasse für 2000 Gäste gemacht hätten», so Schulthess. Bezahlt wurde niemand. Trotzdem gaben alle ihr Bestes: «Wir haben unser ganzes Herzblut reingesteckt», sagt OK-Präsident Juri Tirez. Und das habe sich gelohnt: «Wir haben eine Wahnsinnsstimmung.»
Durch diesen Mehraufwand und die Angst, dass das Festival in letzter Minute doch noch abgesagt werden könnte, seien sie als Team nur noch stärker zusammengewachsen. «Wir haben auch gelernt, Chamäleon zu spielen. Jetzt könnten wir easy reagieren, wenn sich nochmals etwas ändern würde», sagt Schulthess und lacht.
Dank der beiden ausverkauften Abende kann die zusätzliche Arbeit finanziert werden. Denn alle Sponsorengelder gehen in diesem Jahr an die Künstlerinnen und Künstler – auch an diejenigen, die am eigentlichen Fest in der Marktgasse aufgetreten wären.

